Elektroauto-Sound auf dem Prüfstand
Im Stadtverkehr schnurren sie leise wie ein Kätzchen und sind quasi das Pendant zum röhrenden Autoposer-Lärm. Die Rede ist von E-Autos, deren elektrischer Motor deutlich geräuschärmer ist als bei Modellen mit Verbrennungsmotor. Doch auch Elektrofahrzeuge müssen sich an entsprechende Verkehrsregeln halten. So haben mehrere deutsche Gerichte entschieden, dass E-Autos sehr wohl an Lärmschutz-Tempolimits gebunden sind.

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E-Auto-Fahrer rast beim OLG gegen die Wand
Der Fahrer eines Elektroautos wurde mit 174 km/h in einer für den Lärmschutz eingerichteten Tempo-100-Zone geblitzt. Gegen die daraufhin erhobenen Bußgeldvorwürfe legte er Einspruch mit der Begründung ein, sich der erhöhten Geschwindigkeit aufgrund der vergleichsweise leisen Fahrgeräusche seines E-Autos nicht bewusst gewesen zu sein. Der Fall ging bis vor das Oberlandesgericht (OLG) Zweibrücken, das die Klage schließlich wie die Vorinstanz abwies (Beschl. v. 05. November 2018 – 1 OWi 2 Ss Bs 75/18).
So ist laut richterlicher Entscheidung bei einer Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 74 km/h grundsätzlich von Vorsatz auszugehen. Davon wären E-Auto-Fahrer nicht ausgenommen, denn „auch bei einem Elektrofahrzeug steigen mit zunehmender Geschwindigkeit die Fahraußengeräusche und die durch das Abrollen der Räder erzeugten Fahrzeugvibrationen, so dass der Fahrzeugführer die hohe Geschwindigkeit hieran sowie an der schnell vorbeiziehenden Umgebung erkennen kann.“
3 Monate Fahrverbot!
Für den betroffenen Fahrer sind die damit rechtskräftig gewordene Sanktionen kein Pappenstiel. Bei über 70 km/h über dem Tempolimit werden stets 2 Punkte in Flensburg und 3 Monate Fahrverbot fällig. Das Bußgeld beläuft sich innerorts auf 800 Euro bzw. auf 700 Euro, wenn der Verstoß außerhalb geschlossener Ortschaften begangen worden ist.
Berliner Kammergericht zieht nach
Zu einer ähnlichen Entscheidung ist auch das Kammergericht (KG) Berlin gekommen (Beschluss vom 13. Dezember 2018 – 3 Ws (B) 296/18). Hier verwiesen die Richter ebenso darauf, dass Geschwindigkeitsbegrenzungen mit dem Zusatzzeichen für Lärmschutz auch vom Führer eines geräuscharmen Elektrofahrzeugs beachten werden müssen. Lediglich die Einführung eines zusätzlichen Verkehrszeichens, das E-Autos vom streckenbezogenen Tempolimit ausnehmen würde, könnte dem Abhilfe schaffen.
E-Autos als schleichende Gefahr
Während die deutsche Rechtsprechung also Elektrofahrzeuge – zumindest hinsichtlich der Strafbarkeit bei Verstößen gegen lärmbedingte Tempolimits – den Verbrennern gleichsetzt, sind E-Autos im Alltag von Fußgängern und Radfahrern gefährlich leise. Studien haben gezeigt, dass Passanten im Stadtverkehr die Geräusche eines sich nähernden Elektro- oder Hybrid-Autos deutlich später registrieren als bei herkömmlichen Fahrzeugen.
So würde man ein Auto mit Verbrennungsmotor mit einem Tempo von 50 km/h bereits aus einer Entfernung von 36 Metern hören, während die akustische Wahrnehmung von E-Fahrzeugen erst dann erfolgt, wenn diese 14 Meter entfernt sind. Als Folge davon sinkt die Reaktionszeit von Fußgängern und Autofahrern, womit das Unfallrisiko steigt.
Wenn das E-Fahrzeug wie ein Verbrenner röhrt
Seit dem 1. Juli 2021 gilt laut EU-Verordnung 540/2014, dass alle neu zugelassenen Batterie-Elektroautos, Hybridmodelle und Wasserstofffahrzeuge über ein „Acoustic Vehicle Alerting System“ (AVAS) verfügen müssen.
Damit hat die Europäische Union auf die spezielle Unfallgefahr in Zusammenhang mit E-Autos reagiert. Dank der Technik werden bei Geschwindigkeiten bis 20 km/h sowie beim Rückwärtsfahren künstliche Warntöne erzeugt. Diese müssen zwischen 56 und 75 Dezibel laut sein und in etwa dem Sound eines Verbrenners gleicher Bauart ähneln.
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